Übriggeblieben ist eine Unmenge von verwilderten Kastanienbäumen.
Auch in den Bergdörfern bestimmt der Zerfall das Bild. Die Jungen haben die Berge mit
ihrer erdrückenden Stille und der harten Arbeit verlassen, um in die Ebene zu ziehen.
Zurückgeblieben sind nur die Alten.
Von Villefort aus fahren wir über die D66 in die Ostflanke des Mont Lozère, dem
Bergmassiv, das den Nordosten der Cevennen bestimmt. Immer wieder tun sich Panoramen auf,
wie am Belvédère des Bouzèdes, wo wir vor einem Meer gewellter
Bergkämme stehen und wenn das Wetter mitspielt, die Sicht also klar ist, kann man
sogar das richtige Meer sehen - das Mittelmeer.
Ab Le Pont-de-Montvert folgen wir dem Flüsschens Tarn, dessen Verlauf uns zu den
Causses bringt, den großen Kalksteinplateau, die das Bild der Cevennen im Westen
prägen.
Kurz vor Florac, gibt das Tal zum ersten mal den Blick auf die Causse Méjean frei.
Laut Karte führt die D 16 auf dieses Hochplateau hinauf.
Angesichts der senkrechten Felswand vor Augen erscheint uns diese Möglichkeit
zunächst allerdings etwas absurd, und wir beschließen uns diesem Problem erst
am nächsten Tag zu stellen.
Nachdem das Zelt am Ufer des Tarnon, der bei Florac in den Tarn mündet, aufgebaut
haben, wird erstenmal ausgiebig gegessen und anschließend bei dem ein oder anderen
Glas Pastis die Touren für die nächsten Tage geplant.
Unser erster Trip führt uns noch nicht auf die Causse Méjean, sondern auf das kleine
Kalkplateau von St-Laurent-de-Trèves, wo wir den Jurassic Park im Kleinen besuchen.
Vor ca. 190 Mio. Jahre hat hier ein Ceratosaurus 18 Fußabdrücke hinterlassen.
Die Suche danach gestaltet sich allerdings schwierig, denn trotz der durchaus vorhandenen
Hinweistafeln können wir nur vermuten, wo der gallische Dino seine Abdrücke
hinterlassen hat. Erst ein französisches Fernsehteam, bei dem Versuch Licht in das
nationale Steinzeiträtsel zu bringen, hat auch für uns die Lösung.
Sie, die Dino-Spuren, sind nur 20 Zentimeter groß und für den
Nicht-Paläontologen eher unspektakulär, was auch uns dazu bringt die Motorradtour
fortzusetzen.
Unser Weg führt über die "Corniche des Cévennes" genannte Höhenstraße
D9, der wir bis nach Anduze folgen. Im Zentrum der Stadt werden wir auf ein großes,
schlichtes Gebäude mit einem klassizistischen Säulenvorbau aufmerksam. Es handelt
sich um einen "Temple", so nennen die Protestanten ihre Gotteshäuser. Hier werden keine
Messen abgehalten, sondern der "Culte protestant". Diese Glaubensfreiheit haben die
Protestanten im 18. Jahrhundert während des Camisardenkrieges mit vielen Toten
bezahlt. Die Cevennen sind bis heute eine protestantische Enklave im katholischen
Frankreich geblieben.
Unweit von Anduze, gibt es eine Attraktion ganz anderer Art. Nahe des Ortes Générargues
liegt die Bambouseraie de Prafrance, der einzige Bambuswald Europas. Ein Mikroklima in diesem
Tal machts möglich. Nachdem man von den netten Frauen im Khakianzug und Tropenhelm
herumgeführt und umfassend über Bambus informiert wurde, besteht die
Möglichkeit so ziemlich alles zukaufen, was irgendwie mit Bambus zu tun hat.
Dementsprechend treffen wir hier wieder auf Ströme touristische Mehrheiten, der
Busparkplatz vor dem Eingang hätte uns warnen sollen.
Nach diesem Touristenauflauf freuen wir uns wieder auf die Berge. In der Abgeschiedenheit
der Vallée Fran&ccdil;aise kommen wir durch Dörfer, in denen es scheint, als ob die Zeit
stehen geblieben ist. Schlösser liegen wie verwunschen am Wegesrand. Fast schon wie
in Trance schwenken wir in der Nachmittagshitze durch die Kurven. Die Fahrzeuge die uns
entgegenkommen, kann man an einer Hand abzählen.
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