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Informationen zur Reise in die Cevennen

von Martin Meyer

Allgemeines
Die Cevennen sind die schroffen Südostausläufer des Zentralmassivs, deren Grenzen im Norden vom 1699 m hohen Mont Lozère und im Südwesten vom 1569 m hohen Mont Aigoual markiert werden. Der Westen der Cevennen wird von den Causses geprägt, dem gigantischem Mosaik der Kalksteinhochplateaus. Von einander getrennt sind die Hochflächen durch die Flüsse Tarn, Dourbie, Jonte, Vis und Trévezel, die im Laufe der Millionen Jahre imposante Schluchten gebildet haben. Dem Tourenfahrer bieten sich hier phantastische Auf- und Abfahrten, wie z.B. bei La Malene, Les Vignes oder Florac, wo die Straßen in nahezu senkrechten Felswänden 500 Höhenmeter überwinden müssen. Um aber den eigentlichen Reiz dieser Landschaft zu entdecken, muß man runter von den Hauptstraßen. Wir haben auf unseren Touren immer wieder die Hauptroute verlassen, um auf den kleinen Nebenstraßen, wie z.B. der D28 etwas nördlich von Ste. Croix im Vallée Fran&ccdil;aise, hinauf in die Berge zu fahren. In diesen weltentrückten Gegenden wird die Stille, die Jean Carrière in seinem Roman "Der Sperber von Maheux" beschreibt, fast greifbar. Obwohl wir im August, der Hauptferienzeit, unterwegs waren, ließen sich auch die großen Panoramastraßen wie z.B. die Corniche des Cévennes befahren, ohne ständig Wohnmobile überholen zu müssen. Dieses Problem hatten wir nur im Gorges du Tarn, den man aber besser und in Ruhe vom Kanu aus betrachten kann. Bootsverleihe gibt es den ganzen Fluß entlang. Wer unterwegs aufmerksam die Plakate am Wegesrand liest, wird bald merken, daß so ziemlich jedes Dorf sein Sommerfest veranstaltet. Wer es einrichten kann, sollte sich so ein Fest nicht entgehen lassen, da man hier den Menschen und der französischen Kultur etwas näher kommen kann.

Geschichte
Widerstand hat in den Cevennen Tradition. Nachdem Ludwig XIV. 1685 das Edikt von Nantes widerrufen hatte, das den Protestanten halbwegs unbehelligte Religionsausübung gestattete, kam es in ganz Frankreich zu einer großen Auswanderungswelle von Hugenotten. Nicht so in den Cevennen. Die Hugenotten, der Name kommt von der französischen Verballhornung des Wortes "Eidgenosse", stellten sich den Dragonern und Missionaren des Sonnenkönigs entgegen. Als 1702 der staatliche Teufelsaustreiber Abbé du Chayla, der neben seiner Mission in Le Pont-de-Montvert ein Gefängnis unterhielt, von den Angehörigen der von ihm zu Tode gequälten Menschen umgebracht wurde, begann der Camisardenkrieg. Die protestantischen Rebellen, die wegen ihrer weiten Hemden "Camisarden" genannt wurden, bereiteten den Dragonern unerwartete Schwierigkeiten. Sie zwangen den königlichen Truppen einen bis dahin unbekannten Typ von Krieg auf: den Guerilliakrieg. Die Camisarden kämpften in kleinen autonomen Gruppen in vertrautem Gelände und schafften es so immer wieder, den königlichen Garden empfindlichen Niederlagen beizubringen. Allerdings konnten die Rebellen niemals die Oberhand gewinnen. Als der Krieg 1704 zu Ende ging, brachte er keinen wirklichen Frieden. Die immer wieder aufflammenden Kampfhandlungen fanden erst 1787 ein Ende, als Ludwig XVI. den Protestanten die lang ersehnte Religionsfreiheit gewährte. Wie wach die Erinnerung an diese Zeit noch geblieben war, zeigte sich deutlich während des zweiten Weltkrieges. Die Cevennen wurden zur Zuflucht für viele, die den Nazis oder der Vichy-Miliz nicht in die Hände fallen durften. Ohne Ansehen von Herkunft oder Religion wurden Antifaschisten und Juden wie selbstverständlich aufgenommen. Wer besonders gefährdet war, wurde über die alten Schafwanderwege hoch in die Berge gebracht und in Holzfällerhütten oder Schafställen versteckt. Wie zu den Camisardenzeiten erwiesen sich die Cevennen als ideales Gelände für Partisanenoperationen. Das Gebiet um den Mont Aigoual war einen natürliche Festung, von der aus die Resistance erbitterten Widerstand leistete. Der Widerstand heute richtet sich vor allem gegen die Immobilienspekulanten und den Raubbau an der Natur. Auch das Mißtrauen gegenüber allem was aus Paris kommt ist geblieben.

Anreise
Über die Autobahn A7 bis zur Ausfahrt Loriol/Privas, kurz hinter Valence. Ab hier der D104 über Privas und Aubenas bis nach Lablachère folgen. Die D104A und die D901 führen dann über Le Vans direkt nach Villefort am Nordrand des Cevennen Nationalpark.

Reisezeit
Während die Südausläufer der Cevennen im Einflußbereich des Mittelmeeres liegen und sich durch trocken-heiße Sommer und milde, niederschlagsarme Winter auszeichnen, herrschen im Norden extreme Wetterverhältnisse vor. Zwar sind auch hier die Sommer trocken und heiß, doch bereits der Spätherbst bringt schwere Niederschläge, die in kalte Winter mit reichlich Schnee übergehen, der bis in den April hinein liegenbleiben kann. Als beste Reisezeit gilt der Herbst mit seinen beständigen Wetterlagen. Im Frühjahr muß bis in den Mai mit Niederschlägen und Kälteeinbrüchen gerechnet werden.

Essen und Trinken
Entlang der Klimagrenze verläuft auch eine kulinarische Demarkationslinie, welche die Cevennen in eine Öl- und eine Butterhälfte teilt. Während im Süden überwiegend mit Olivenöl und den "Provence Kräutern" Basilikum, Rosmarin und Thymian gekocht wird, findet man in den Bergen des Nordens eher deftige Speisen sowie Schinken und Wurstwaren. Fast alle Restaurants bieten günstige Mittagsmenüs an, die in der Regel aus drei Gängen bestehen und preiswerter sind als Abendmenüs. Selbstversorger finden genügend Möglichkeiten sich auf den Märkten mit Produkten der Region einzudecken. Eigentlich unverzichtbar ist der "Eßdolmetscher Frankreich" aus dem Mosaik Verlag. Dieses von der Zeitschrift Essen und Trinken herausgegebene Buch entschlüsselt jede noch so komplizierte Speise- und Getränkekarte und sollte wie die Michelin Straßenkarten zur Frankreich Standartausstattung gehören.

Übernachten
An Campingplätzen herrscht auch in den Cevennen kein Mangel. Überall entlang der Flußläufe sind die meist schön gelegenen Plätze zu finden. Die Hoteldichte ist zwar nicht so groß wie in der Küstenregion, doch dürfte es außerhalb der Hauptreisezeit keine Probleme bei der Zimmersuche geben. In der Hauptsaison im Juli/August sollte man aber besser reservieren. Ausführliche Hotelverzeichnisse bekommt man bei den französischen Fremdeverkehrbüros in Frankfurt oder Düsseldorf.

Karten
Michelin Nr.80, Albi-Rodez-Nimes 1:200 000. Wer Wandern möchte oder es einfach nur genauer wissen will, dem sei von IGN die "Série bleue" im Maßstab 1:25 000 empfohlen, die mit 6 Karten die gesamte Region abdeckt.

Literatur
  1. "Richtig Reisen - Languedoc und Roussillon", DuMont Köln
  2. "Anders Reisen - Südfrankreich", rororo
  3. "Der Sperber von Maheux", Roman von Jean Carrière, rororo



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