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Die entvölkerten Berge (6)

von Martin Meyer

Die letzte Etappe unserer Tour des Cévennes führt uns von Le Vigan über den etwas öden Wintersportort lšEsperou und den Gorges de la Jonte zum Gorges du Tarn, dem absoluten 'Highlight' der Causses. Zur Mittagszeit halten wir an einem kleinem Restaurant am Tarnufer. Um die Herkunft der Forellen auf dem Teller zu bestimmen, muß man nur von der Terrasse zum Fluß hinunter schauen, wo sich die lebenden Artgenossen unserer Mahlzeit tummeln. Während wir essen, hält neben unseren Motorrädern ein französischer Endurofahrer, der zu einem kurzem Plausch zu uns an den Tisch kommt. Natürlich kommt auch die Frage, auf die ich fast schon gewartet habe: " Eine KTM ist ja nicht schlecht, aber mußt du nicht ne Menge Ersatzteile mitschleppen und ständig schrauben?". "Nein, muß ich nicht" antworte ich mit dem Lächeln des Wissenden. Er ist schon etwas verwundert, als ich ihm erzähle, daß dies bereits meine dritte Südfrankreichreise mit der KTM ohne Probleme ist.
Und auch die kleine Suzuki erweist sich als solides Reisemotorrad. Zugegeben, es gibt sicher bequemere Arten zu reisen als ausgerechnet mit einer Sportenduro, aber den rauhen, kräftigen Motor habe ich mittlerweile richtig liebgewonnen und je loser der Untergrund, desto größer der Fahrspaß. Nach dem Dessert und einem kleinen schwarzen Kaffee, fahren wir weiter den Tarn hinauf. Zu unseren Entsetzen nimmt der Verkehr stetig zu bis wir vor dem einspurigen Tunnel von St. Chely endgültig im Stau stehen. Schlagartig wird uns wieder klar, daß Hauptferienzeit ist, doch der Gorges du Tarn ist zu schön, um an ihm vorbei zu fahren.

Auch Ste-Enimie, der größte der Tarnorte, ist gut besucht. Die Terrassen der Cafés, mit dem typischen Bild flanierender Big-Bike Piloten, sind gefüllt und durch die restaurierten Gassen des Künstlerdorfes schieben sich kamerabehängte Grüppchen. Um aber den Tarn von seiner schönsten Seite zu erleben, heißt es nun eine völlig andere Art der Fortbewegung zu wählen: runter vom Moped, rein ins Kanu. Nur vom Wasser aus lassen sich die schönsten Abschnitte der Schlucht erleben. Nachdem wir unsere Sachen in einen wasserdichten Kunststoffkontainer verstaut haben, kann es los gehen. Es ist schon ein tolles Gefühl, lautlos über den Fluß zu treiben und die Landschaft einfach an sich vorbeiziehen zu lassen. Für Abwechslung und viel Spaß sorgen immer wieder die Stromschnellen, die auch von uns Landratten problemlos gemeistert werden. An manchen Stellen führt der Tarn so wenig Wasser, das wir aussteigen müssen, um das Boot anzuschieben, doch die Mühe lohnt. Wir kommen zu Stränden, die nur vom Fluß aus zu erreichen sind.

Felsen der Détroits
Auch die Felsen der Détroits, einer besonders engen Stelle in der Schlucht, können wir in Ruhe bewundern, während man sie von der Straße nur erahnen kann. Am Ende unserer beschaulichen Tour werden wir von dem Bootsverleiher wieder eingesammelt und nach Ste-Enimie zurückgebracht.
Der Nebel im Tal löst sich nur zögernd auf, als wir früh am Morgen, zum letzten Mal hinauf zu den Causses fahren. Wir halten an und stellen die Motoren ab, um ein letztes Mal der unendlichen Stille dieser entvölkerten Berge zu lauschen, bevor es wieder Richtung Heimat geht. Zurück durch die brütende Hitze der südfranzösischen Sonne und natürlich durch die Staus, denn schließlich ist Ferienzeit in Südfrankreich.




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