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Die entvölkerten Berge

von Martin Meyer

Südfrankreich im Sommer! Das ist nicht nur brütende Hitze, sondern auch ein Treffpunkt för Touristen aus allen Himmelsrichtungen, oder wie die Franzosen so treffend sagen "Tout le monde - die ganze Welt" ist unterwegs. Und im Monat August gesellen sich dazu noch die Franzosen selber, denn es ist Ferienzeit, auch in der "Grande Nation".
Die Folge sind überfüllte Campingplätze und Ferienorte, die in diesen Wochen des Jahres eher Rummelplätzen ähneln. Nun müssen Sie nicht glauben, daß dieses Phänomen den Touristenorten an der "Côte d' Azur" vorbehalten ist, denn die Konvois der Autos, Motorräder und Wohnmobilen schlängeln sich genauso gerne durch das Hinterland der Küstenregion - durch die phantastischen Landschaften der Provence.
Unser Ziel heißt Südfrankreich zu entdecken, seine Landschaften und die Menschen zu erleben, allerdings abseits verstopfter Straßen und Pauschaltourismus.

Die Lösung ist eine Gegend, die selbst für viele Franzosen ein blasser Fleck auf der blau-weiß-roten Landkarte ist - die Cevennen. Dieser südliche Ausläufer im Zentralmassiv ist so dünn besiedelt, wie keine andere Region in ganz Frankreich.
Wir verlassen das Rhonetal frühzeitig, biegen hinter Valence in Richtung Privas ab, und erreichen über Aubenas das kleine Städtchen Villefort an der Nordgrenze des Cevennen Nationalparks. Wenige Kilometer hinter Villefort liegt etwas abgeschieden ein idyllischer Campingplatz im Tal des Flusses Palhère.

Granitblöcke im Flußbett Die Landschaft ist mit üppigem Grün überzogen und die großen runden Granitblöcke im Flußbett wirken wie überdimensionale, von spielenden Wassergeistern vergessene Murmeln.
Wir ziehen erst einmal die Stiefel aus und stecken die Füße in das klare kalte Wasser, das voller Leben ist, so wie die ganze Gegend einen prächtigen Anblick unberührter Natur bietet. Libellen schwirren im Tiefflug über das Wasser und Schmetterlinge, wie den handgroßen Schwalbenschwanz, haben wir schon seit unserer Kindheit nicht mehr gesehen.
Der Stausee von Villefort ist dagegen eher eine Enttäuschung. Zwar führt eine Straße am Ufer entlang, doch es gibt fast keine Möglichkeit zum Baden. Das Schwimmzeug bleibt also eingepackt und wir biegen mit unseren Enduros in eine der kleinen Nebenstraßen ab, für die die Michelinkarte keine Nummer mehr parat hat.
Nachdem uns der Wald wieder frei gibt, eröffnet sich uns ein phantastischer Blick von oben auf den See. Vom Ufer aus eher langweilig, schlängelt sich sein blaues Wasser nun auf imposante Art und Weise durch das Tal.

Stausee von Villefort

Zum ersten Mal wird uns die unglaubliche Stille bewußt, die über diesen Bergen herrscht. Kein Laut der im Tal verlaufenden Straße dringt bis hierher hinauf.
Die Landschaft wirkt wild und unberührt, doch wer genauer hinschaut, der findet überall die Spuren der einstmals starken Besiedlung.

Verlassener Hof Da sind die vielen verlassenen Gehöfte, die Reste der Steinmauern mit denen mühsam die Hänge terrasiert wurden, um Anbauflächen zu gewinnen und die große Menge von Kastanienbäumen, dem einstigen "Brotbaum" der Cevennen.
Ganze Familien brachten sich und ihr Vieh mit den Kastanien über die langen Winter, da den kargen Böden nicht genug Getreide für ein ganzes Jahr abgetrotzt werden konnte. Die Maronen wurden gekocht, eingeweicht oder roh gegessen und aus dem Mehl der Kastanien hat man Brot gebacken. Den Überschuß und die Schalen bekamen das Vieh. Das Holz wurde zum Heizen und für die Herstellung von Möbeln verwendet. Verständlich, daß die Kastanienhaine von den Cevennenbauern sorgfältig gepflegt wurden, doch diese Zeiten sind vorbei.




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